5-Minuten-Abstecher: Mahnmal (Eske)

Dass sie noch einmal vor den Trümmern dieses Anwesens stehen würde, hätte Eske niemals für möglich gehalten. Doch hier war sie, trug plötzlich einen Titel und fühlte sich elender als jemals zuvor. Die Ruine sah fast friedlich aus, überwuchert von Pflanzen. Wilder Wein schlängelte sich an den Maueresten hinauf, Moos bedeckte die Trümmer und Gräser ragten aus den Nischen hervor. Wie lange war es her, dass sie hier all ihre Probleme begonnen hatten? Zwei Jahre? Drei? Eske konnte es nicht mit Sicherheit sagen. Seitdem war so viel passiert.
Unwillkürlich rieb sie sich den Nacken, nur um die mittlerweile gewohnte Konturen des Fokus unter der Haut zu spüren.
„Eske?“, fragte Leyston hinter ihr. Ihn hatte sie fast vergessen.
„Es ist so … “
„Unwirklich?“, beendete er ihren Satz, als ihr die Worte fehlten.
„Ja …“ Mehr wusste sie nicht zu sagen.
Eine Weile blieb es still. Nur das Zwitschern der Vögel und das Rascheln des Windes in den Wipfeln des nahen Waldes war zu vernehmen.
„Wirst du das Anwesen wieder aufbauen?“ Er flüsterte lediglich, dennoch schien seine Stimme die Stille zu durchschneiden.
Eske schüttelte den Kopf. Nein. Nein, das würde sie nicht. Es sollte bleiben wie es war; ein Mahnmal an sie, als Baronin mit allen Menschen so umzugehen, als wären sie Freunde. Ein Mahnmal für die Krankheit, die ihrer Schwester und letztlich auch ihrer Tante, der Baronin von Saalkenboem, das Leben gekostet hatte. Genauso, wie das wunderbare Herrenhaus lag nun auch ihr Leben in Trümmern. Vielleicht konnte sie wenigstens letztes wieder aufbauen. Doch dieses Mahnmal würde bleiben.

Hinterlasse einen Kommentar