Malerin der Toten 17

Einer der Reiter war der Baron, er schnitt Kanu’um und ihr den Weg in den Wald hinein ab. Der zweite Reiter war jung, trug die Kleidung eines der Wachmänner, und schien von seinem Tun wenig überzeugt. Dennoch lenkte er sein Pferd hinter Jose. Der dritte Reiter war eine Frau, sie bildete die Nachhut; in einem aufwendigen Kleid thronte die Baronin im Damensitz auf ihrem Pferd. Doch die Anstrengung war ihr ins Gesicht geschrieben, sie war blass und Schweißperlen standen auf ihrer Stirn. „Kanu’um, gib mir meinen Ring!“
„Nein.“ Mehr hatte Kanu’um nicht zu sagen. Doch es genügte, die Baronin kreischte, ihr Pferd tänzelte unruhig. „Liebling, gib mir den Stein!“ Fordernd streckte sie eine Hand aus und der Baron löste bereitwillig den Orden von seiner Jacke. Eske wusste, was das bedeuten würde: Sie wollte Kanu’um quälen! Einmal mehr überlegte Eske nicht lange. Sie stürzte voran und wollte nach dem Orden greifen, doch dieses Mal hatte der Baron von Saalkenboem damit gerechnet. Er trat ihr in die Seite. Eske stolperte und griff auf der Suche nach Halt der Baronin in das Zaumzeug. Ihr ohnehin nervöses Pferd scheute, wich zurück und brachte Eske vollends zum Fallen. Da war Kanu’um plötzlich bei ihr und half ihr auf. Die Baronin kämpfte darum, das Pferd ruhig zu bekommen. Verzweifelt riss sie an den Zügeln. Der Baron lenkte sein Pferd neben sie, um ihr zu Helfen. Nur der Wachmann hatte noch ein Auge auf sie. Trotzdem begriff Eske, dies war die Gelegenheit zu fliehen. Sie raffte sich auf, zog erneut an Kanu‘ums Arm, doch Kanu‘um rührte ich nicht von der Stelle. Wie gebannt betrachtete er das Schauspiel, fixiert auf einen Punkt: Zwischen den Pferdehufen lag der Ring. Eske hatte ihn fallen lassen. „Kanu’um!“ Doch er schüttelte den Kopf. „Ich muss den Ring holen.“
Das „Was?“ blieb Eske im Hals stecken, als Kanu’um ihre Seite verließ. Er streckte ebenfalls seine Hand nach den Zügeln der Pferde aus. Dann passierte plötzlich alles viel zu schnell. Zuerste knackte etwas, gleichzeitig wallte ein blaues Licht flammte unter den Pferden auf. Die Baronin schrie unter Pein auf, ihre Stimme überschlug sich und ihr Körper wurde ebenso von blauen Funken durchzuckt. Sie reckte die Arme nach oben, ihr Pferd bäumte auf und sie verlor den Halt. Der Baron schrie ebenfalls, das Pferd der Baronin ergriff die Flucht und Kanu’um stürzte neben die nun am Boden liegende Baronin – oder das, was von ihr übrig war. Das Licht war verschwunden, es schien um die Baronin herum in den Boden gesickert zu sein und beleuchtete nur noch schwach die am Boden liegende Gestalt; trockene Haut, die sich über Knochen spannte, in einem Kleid, das plötzlich viel zu weit für die Überreste war. Es war, als wäre die Baronin in den blauen Funken vertrocknet. Nur langsam wurde das Licht schwächer.
Meister zu Lauenkamps‘ Stoßgebet war das einzige, das die Stille durchbrach, als der Baron neben seiner Frau zusammensackte und den Leichnam zu sich heranzog. Eske wurde übel, als dabei der Kopf der Baronin herabfiel und sich vom Rest des Körpers löste. Ihre Augenhöhlen waren leer.
Kanu’ums Stöhnen brach Eskes Starre, sie eilte zu ihm.
„Du hast sie umgebracht“, sagte der Baron, als Eske sich neben Kanu’um niederließ. Das Flüstern des Barons wurde plötzlich zu einem wütenden Kreischen. „Du hast sie umgebracht!“ Damit wandte er sich zu Kanu’um um. Dieser versuchte sich auf alle vieren aufzurichten. Als der Baron plötzlich neben ihm stand trat er ohne Vorwarnung zu, Kanu’um direkt in den Nacken. Es reichte, um Kanu’um wieder zu Boden zu schleudern und dass Eske sich auf den Baron von Saalkenboem stürzte. In dem Moment war auch Jose wieder an ihrer Seite und auch der junge Wachmann hatte seine Meinung geändert. Gemeinsam hielten sie den wütenden Baron fest, der weiter auf Kanu’um eintreten wollte. Eske sah das Licht, dass sich in Kanu‘ums Nacken ausbreitete. Es durchzuckte seinen Körper und sie war ich sicher, es würde ihn heilen.
Zumindest so lange, bis der Baron lachte und aufhörte sich zu wehren.
Eske wechselte einen Blick mit Jose, dann eilte sie erneut zu Kanu’um. Das Licht heilte ihn nicht. Der Fokus in seinem Nacken war gesplittert, Teile hatten seine Haut durchstoßen und das Blaue Licht floss aus ihm heraus und tränkte den Boden – während auch sein Körper mehr und mehr an Substanz verlor. Seine Haut wurde grau, seine Haare lösten sich von seinem Kopf. Am Ende waren auch von ihm nur noch Knochen übrig, überzogen von papierener Haut.

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