Als Eske wieder zu sich kam, saß sie aufrecht auf einem Stuhl. Die harte Lehne bohrte sich in ihren gestreckten Rücken, ihr Kopf lag hinten an. Sie konnte sich nicht bewegen, ihre Arm waren an den Lehnen festgeschnallt. Panik überkam sie und schuppste sie aus dem Delirium in die Wirklichkeit. Sie riss die Augen auf, zappelte und schrie auf.
„Ah, Fräulein Lammfeld“, hörte sie die Stimme des Barons hinter sich. Doch sie konnte ihn nicht sehen. Vor sich sah sie nur einen weiteren Stuhl mit Gurten und ein Metallgestellt, dass sich über diesem und ihrem unfreiwilligen Sitzplatz erstreckte. „Ich hatte erhofft, Ihr wäret noch eine Weile bewusstlos.“ Was immer der Baron tat, es klapperte und klirrte, wie Geschirr, Glas oder Steine.
Eske zwang sich zur Ruhe und atmete tief ein. Der Gurt um ihren Brustkorb war so straff, dass er ihr dabei in die Haut schnitt. „Was habt Ihr mit mir vor?“
„Mir Euch gar nichts, wir benötigen nur Eure Hülle.“
„Meine Hülle?“
„Deinen Körper, Dummerchen“, mischte sich die Baronin ein. Auch sie war hinter Eske, doch ihr Kleid raschelte und keinen Moment später trat sie neben sie, gekleidet in ein enges Reitkleid, dass sie geradezu dürr erscheinen ließ. Auch die dunkle Farbe schmeichelte ihrer Haut nicht. Sie beugte sich zu Eske hinab und stützte sich mit beiden Händen auf den Lehnen ab. „Du bist nicht perfekt, deine Nase gefällt mir nicht. Aber du bist jung, kräftig und siehst mir ähnlich genug, dass niemand Fragen stellen wird.“ In den Augen der Baronin erkannte Eske den selben verklärten Funken, wie bei ihrem Ehemann. „Ein lebendiger Körper.“
„Mein Herz, hätten wir mehr Zeit, würde ich dir ihre Nase richten lassen“, merkte der Baron wie beiläufig an. „Sie brechen und richten würde gewiss genügen um sie perfekt zu machen. Sollte sie dir wirklich nicht zusage wirst du diese Schmerzen bedauerlicherweise selbst ertragen müssen, sobald du ihren Körper hast.“
Die Baronin richtete sich wieder auf und sah über Eske hinweg zu ihrem Mann. „Oh, ist er nicht rücksichtsvoll?“, schwärmte sie, richtete sie sich dennoch wieder an Eske. „Er würde für mich die Götter stürzen.“ Der Baron lachte und die Baronin seufzte verträumt. Dann wurde ihr Gesicht plötzlich ärgerlich. „Wo bleibt Kanu’um so lange?“
„Lass ihm Zeit, mein Herz. Für den Fokus benötigen wir seine Hilfe nicht“, meinte der Baron. Sie hörte ihn näher kommen, plötzlich stand er hinter ihr und reichte der Baronin eine gläserne Phiole mit einer grünen Flüssigkeit. Kurz darauf hörte sie ein Schleifen, ein weiteres Klirren – und plötzlich entflammte ihr Nacken in Schmerzen. Etwas drang tief in ihre Haut, ihre Muskeln und sogar ihren Knocken ein. Sie schrie, konnte sich aber nicht bewegen. Warmes Blut floss ihr über den Rücken und über die Schultern hinweg, kühle Tränen ihre Wangen hinunter. Die Baronin stand unbeeindruckt vor ihr und wartete ab. Ob es Stunden oder Minuten dauerte, Eske kam es vor wie eine Ewigkeit. Der Baron von Saalkenboem zog, bohrte und schnitt, er riss an ihrer Haut, trennte Muskeln und das Brennen streckte seine Fühler bis hinunter zu ihrer Hüfte aus. Plötzlich kippte ihr die Baronin etwas von der Flüssigkeit in den Mund. „Trink das!“, kommandierte sie. Eske verschluckte sich bei dem Versuch, die Tinktur wieder auszuspucken, doch kurz darauf wurde das lodernde Feuer zu einer wärmenden Flamme. Prickelnd tötete es die Flammenwut langsam ab. Als die Baronin ihr die Phiole wieder an den Mund setzte, trank Eske freiwillig. Der Schmerz verging, doch was der Baron mit ihr getan hatte wusste sie nicht.
„Braves Mädchen“, lobte die Baronin sie wie einen Hund. „Ich möchte doch keine Narben davontragen. Wie schade, dass wir deine Nase damit nicht auch richten konnten.“ Jetzt ging sie aus Eskes Sichtfeld und beschwerte sich erneut über Kanu’ums Abwesenheit. Der Baron besänftigte sie und beide verließen den Raum, ließen Eske alleine zurück, erschüttert und verängstigt.
