Lailah: Vorahnung (5-Minuten-Abstecher)

Ein Kind schrie. Lailah schreckte hoch und sah sich um. Sie war in einem Zimmer; ihre Kammer im Gesindeteil des Schlosses, nicht weit von den Ställen entfernt. Sie musste schlecht geträumt haben. Langsam fuhr sie sich mit beiden Händen über das Gesicht, erhob sich und schlüpfte aus Gewohnheit in eine Hose, bevor sie den Fensterladen öffnete und über die dunkle Stadt schaute. Warme Sommerluft wehte herein. Das Geschrei des Säuglings wurde leiser, Lailah hörte stattdessen das beruhigende Summen der Mutter. Ihre Mutter …
Lailah wusste nicht, weswegen sie plötzlich fröstelte. Der Gedanke an ihre Mutter verursachte ihr plötzlich Übelkeit, als sei etwas nicht in Ordnung. Etwas war nicht in Ordnung … Lailah rieb sich mit den Händen über die Arme und sah zum Himmel auf; die Sterne glitzern friedlich, das Kind war ruhig geworden – und plötzlich wusste Lailah es. Sie musste nachhause! Angst überfiel sie, sie fürchtete schon jetzt, zu spät zu kommen. Aber irgendetwas war passiert; nein, irgendetwas würde passieren.
Ohne weiter darüber nachzudenken, stolperte sie in Marius Kammer und weckte ihn. „Was?“, fragte er verschlafen, setzte sich aber sofort auf, als er Lailah erkannte. „Marius, ich muss heim! So schnell wie möglich!“
Verwirrt blinzelte er, doch dann hob er die Schultern und lächelte so naiv, wie eh und je. „In Ordnung“, bestätigte er, stand auf und ging zur Tür, bekleidet nur mit einer kurzen Hose und ohne auch nur daran zu denken, etwas mitzunehmen. Als Lailah ihm nicht folgte, sondern ihm nur verwirrt hinterherstarrte, kam er zurück. „Ähm … mit ’so schnell wie möglich‘ meinst du nicht ‚jetzt sofort‘?“
Zuerst blinzelte Lailah, dann schüttelte sie den Kopf. Trotz des unguten Gefühls musste lächeln. „Nein, aber gleich morgen früh.“

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