„Hast du schon gehört, Inaqua?“, plapperte die hohe Dame von und zu Derenghut ohne sich an Sanankas Anwesenheit zu stören. „Elahie von Werindi wurde ermordet!“
„Nein!“, gab ich Inaqua betroffen und drehte sich so ruckartig zu ihrer Mutter um, dass sie Sananka den Stoff des Kleides aus den Händen riss. „War das nicht diese hübsche Blonde in dem wunderbaren grünen Gewand?“ Es war ein Wunder, dass eine der Stecknadel, die den Stoff um ihre Hüfte hilten, sie nicht stach. Sananka brummte, langte erneut nach dem Stoff und setzte die Nadel an. Ein Stich, den Faden stramm ziehen und die nächste Stecknadel entfernen. „Nein, nein, Liebes! Wo denkst du hin!“ Rosalia von und zu Derenghut lachte aufgesetzt. „Du meinst sicher die Braut des Grafen von Ferendih. Ich spreche von Aliciana von Werindi. Ein unbedeutendes Licht mit einem kleinen Gutshof. Ihr Ehemann, Elesko, soll heute Morgen auf das Schloss gekommen sein.“
Sananka zog die letzte Stecknadel heraus und nahm sie zwischen die Lippen, während sie den Faden an der Naht vernähte. „Elesko von Werindi!“, schwärmte Inaqua plötzlich und faltete die Hände unter dem Kinn. „Oh, an ihn erinnre ich mich! Ein Bild von einem Mann.“
„Jeder bei Hofe fragte sich, weswegen er sich ausgerechnet eine einfache Gutsbesitzerin aussuchte.“ Sananka warf verstohlen einen Blick zu Rosalia und ordnete die Stoffbahnen des Kleides. Die hohe Dame lächelte süffisant.
„Klein und zu dick!“, pflichtete Inaqua ihrer Mutter bei. „Sie war auch nicht oft bei Hofe, hatte immer etwas zu tun auf ihrem Gutshof!“
„Wahrscheinlich hat sie selbst die Kühe gemolken!“ Beide kicherten ausgelassen. Kopfschüttelnd steckte Sananka die Nadeln zurück in ihr Etui. Als sie zurücktrat, stieg Inaqua von ihrem Schemel und betrachtete sich das Werk im Spiegel. „Oh, wunderbar Sananka! Wo habt Ihr nur diesen Stoff her?“ Ein wohliges Seufzen, dann widmete sich Inaqua mehr ihrer Haare, als dem Kleid. Stattdessen wandte sich Rosalia an Sananka: „Wunderbare Arbeit, Ihr versteht Euer Handwerk. Doch das nächste Mal solltet Ihr die Maße richtig abnehme.“
Sananka verstaute ihr Nadeletui, die Fäden und Bänder in ihrer Tasche und sah Rosalia unverwandt an. „Die Maße waren richtig. Aber Eure Tochter hat ein kleines bisschen zugelegt.“ An dem stechenden Blick Rosalias störte sich Sananka nicht und verbeugte sich stattdessen neckisch. „Ich empfehle mich!“ Ohne auf eine Antwort zu warten, verließ sie die Gemächer und vernahm nur noch ein empörtes „Was erlaubt sie sich?!“, bevor sich die Tür endgültig schloss.
Erst jetzt ließ sie ihren Ärger heraus und äffte die beiden Damen nach, während sie durch die langen Gänge und Treppen hinunter in das Untergeschoss ging. „Oh, Mutter, Elesko von Werindi ist so toll! Warum hat er nicht mich geheiratet? – Weil er auf kleine dicke Frauen steht, die was von Arbeit verstehen. – Aber Mutter, ich arbeite doch auch jeden Tag so hart an meinem Aussehen! Ich habe schon kräftig zugenommen! – Aber Liebes, das darf doch keiner wissen!“ Mit einem Schnaufen ließ sie die Ausführung sein. „Die würde es sich fast lohnen umzubringen.“ Kopfschüttelnd ging Sananka in Richtung der Ställe. Lailah hatte sie gebeten vorbei zu kommen und es würde gut tun, sich mit jemand Vernünftigen zu Unterhalten.
